II. Verbreitung des Ölbaums.

14. Die Iberische Halbinsel.

Unter allen Mittelmeerhalbinseln ist die Iberische durch die größte Ausdehnung der Olivenzucht ausgezeichnet, mehr noch infolge ihres Charakters als Tafelland von mäßiger Höbe, als durch ihre südliche Lage. Es sind dort nicht nur die Randlandschaften mit Olivenhainen bedeckt, sondern auch die inneren bis zum Kastilischen Scheidegebirge, da das Tafelland von Neukastilien bei einer mittleren Höhe von 750 m in seinen heißen, trockenen Sommern, wenn auch zum Teil in oasenartigen Pflanzungen, am Nordrande im Schutze des Gebirges den klimatischen Anforderungen des Ölbaums genügt. Sehr bezeichnend ist in dieser Hinsicht, daß Olivenzucht am ganzen sommerlich feuchten und vorwiegend mitteleuropäischen Pflanzenwuchs aufweisenden Nordrande fehlt, am Westrande, im ozeanischen Klima, die Polargrenze derselben weniger weit nach Norden ausgreift, als im Innern, im heißen, trockenen, aber wegen der geringen Meereshöhe im Winter nicht zu kalten Ebrobecken.

Portugal zunächst ist, dank seiner geringen Meereshöhe, seiner Lage am Ozean und durch beide bedingten milden Winter, fast in seiner ganzen Ausdehnung der Olivenzucht zugänglich. Nur ein schmaler Streifen an der gebirgigen Nordgrenze in Traz oz Montes ist ausgeschlossen, da, wie wir sahen, selbst an der Serra da Estrella der Ölbaum in geschützten Tälern bis 850 m emporsteigt. Trotzdem spielt Olivenzucht in Portugal eine geringe Rolle und sie ist in stetigem Rückgange. Der weit mehr lohnende Weinbau drängt sie allenthalben zurück. Was der Botaniker Link zu Beginn des 19. Jahrhunderts sagte, daß der Ölbaum in Portugal überall gemein sei, von dem nördlichen Grenzgebirge der Serra do Gerez bis Algarve, doch am häufigsten im mittleren Teile des Landes, wo man zuweilen Tagereisen mache, ohne einen andern Baum zu sehen, dürfte heute nicht mehr voll gültig sein. Zahlreiche Ortsnamen, Oliveira, Olivaes, auch einige noch an die Araber erinnernde Azeitao, weisen auf Vorkommen des Ölbaums hin. Die Polargrenze verläuft vom Douro bei Bemposta in westnordwestlicher Richtung und fällt am Südhange der Serra do Gerez fast mit der politischen Grenze zusammen, da bei dem kleinen Badeorte Caldas do Gerez zu Links Zeit noch Olivenhaine vorhanden waren. Im Distrikt von Torre de Moncorvo am Douro finden sich ausgedehnte Olivenpflanzungen, bis Freixo d´Espada a Cinta, vereinzelt solche noch bis Bemposta. Die große Ebene bei Santarem und nördlich davon gegen Abrantes, Torres Novas und Thomar bis gegen Castel Branco einerseits, Alcobaca, Olivaes und Leiria anderseits, wie die Umgebung von Coimbra und Lissabon sind weithin mit Olivenhainen bedeckte Gegenden. Auch der große Ort Aceytao südlich von Lissabon ist nach den ihn umgebenden Olivenhainen benannt. Im Tale des Mondego reichen dieselben von Coimbra aufwärts bis nahe an Guarda. Dort liegen die Ortschaften Oliveira am Mondego, Oliveira do Conde, Oliveira do Hospital; ein Oliveira do Bairro liegt südöstlich, ein Oliveira de Frades Ostnordöstlich, ein Oliveira de Azemeis nordöstlich von Aveiro. In letzterem steckt vielleicht die berberische Bezeichnung für den wilden Ölbaum, Azemur. Ein weiteres Oliveira findet sich am Douro ganz nahe oberhalb Porto, noch eines, Oliveira do Douro, weiter stromauf auf dem rechten Ufer. So erscheint der Ölbaum für das Gebiet zwischen Tejo und Douro als ganz besonders bedeutungsvoll. Nördlich vom Douro hat nur die Gegend von Villa Real größere Pflanzungen. Weniger wichtig sind heute die Olivenpflanzungen südlich vom Tejo, wo Getreidebau überwiegt. Das beste Öl erzeugen dort die Gegenden von Elvas, Estremoz, Souzal, Portel, Evora, Montemor Novo, Monra und Serpa jenseits des Guadiana. In dem in großer Ausdehnung einem Fruchthaine gleichenden Algarve ist nur die Gegend von Tavira, Faro und Silves durch Olivenzucht ausgezeichnet. Man rechnet im ganzen Königreiche 200000 ha auf Olivenhaine. Doch schwanken die Angaben, nicht bloß wegen der Unsicherheit solcher Zahlen in diesen Ländern, sondern auch weil gemischte Kulturen häufig sind, wo bald die eine, bald die andere überwiegt. Nach Lavergne sollten es 1869 nur 42000 ha sein.

1) H. F. Link, Bemerkungen auf einer Reise durch Frankreich, Spanien und vorzüglich Portugal, Kiel 1801, S. 49.

aus "Der Ölbaum" von Theobald Fischer, 1904