14. Die Iberische Halbinsel - Fortsetzung

Die Olivenzucht scheint in Portugal in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, entsprechend dem Aufschwunge des weit besser lohnenden Weinbaues, stetig zurückgegangen zu sein und demnach auch die Ausfuhr von Olivenöl, der übrigens in einzelnen Jahren eine nicht unerhebliche Einfuhr gegenübersteht. Vielleicht handelt es sich aber nur um wieder zur Ausfuhr gelangendes spanisches Olivenöl. Ich konnte nach dem Deutschen Handelsarchiv folgende Zahlen zusammenstellen:

Ausfuhr von Olivenöl aus Portugal:JahrMenge
 1855583669 hl
 1861152682 hl
 1862359950 hl
 1897206340 hl
 1898259230 hl
 1899233115 hl
 1900379509 hl
 1901-

Im 10jährigen Mittel für 1861—70 gab die amtliche Statistik die jährliche Ölgewinnung in Portugal zu 180000 hl an, Pery zu 250000.

Eine viel größere Bedeutung hat der Ölbaum für Spanien, wenn auch bei weitem nicht die, welche er haben könnte, da es dem Stande der spanischen Landwirtschaft und Kultur im allgemeinen entspricht, daß dies Land zwar die herrlichsten Ölbäume und vorzügliche Oliven, aber äußerst minderwertiges Olivenöl hervorbringt.

Von den 48 Verwaltungseinheiten, sogenannten Provinzen, Spaniens sind nur 15 ganz ohne Olivenzucht1), von den (geschichtlichen) Landschaften nur Asturien völlig. Sämtliche durch große Luftfeuchtigkeit, im Sommer wie im Winter, durch milde, regenreiche Winter, aber mäßig warme, nicht regenarme Sommer ausgezeichnete nördliche Randlandschaften entbehren der Olivenzucht heute durchaus, wie ja auch Apfelwein (baskisch Zagardua), nicht Wein, dort das Nationalgetränk ist. Daß der Ölbaum hier, wo vereinzelt an geschützten Stellen selbst Agrumen aushalten2), fortkommen würde, und daß auch ehemals hier Versuche mit Olivenzucht gemacht worden sind, unterliegt für mich keinem Zweifel, obwohl mir keine geschichtlichen Nachrichten bekannt sind, die das bezeugen. Man kann aber die Punta de Olivo, ein Vorgebirge zwischen Gijon und der Ria von Villaviciosa, wohl als ein geschichtliches Zeugnis ansehen, zumal man es auf der Iberischen Halbinsel geradezu als charakteristisch bezeichnen kann, daß Ortsnamen in großer Zahl von Pflanzen hergenommen sind3). Da die Früchte entweder nicht völlig reiften oder verfaulten, ehe sie abgeerntet und verarbeitet werden konnten, sicher auch sehr geringen Ölgehalt hatten, so hat man wohl auf Olivenzucht verzichtet. Die Luftfeuchtigkeit ist ja an dieser Küste im Sommer so groß, daß Salz zerfließt, Eisen rasch rostet und Schimmelbildung häufig ist.

Legen wir zunächst die Polargrenze fest4), so verläuft dieselbe von den Rias von Pontevedra und Vigo, wo neben Agrumenbau auch noch etwas Olivenzucht getrieben wird, dem Meere nahe nach Süden, wendet sich am Südhange des Grenzgebirges der Serra do Gerez durch Nordportugal nach Osten, um den Douro wenig unterhalb des Punktes zu überschreiten, wo derselbe südwestliche Richtung einschlägt und auf 110 km in canonartigem Erosionstale einen Teil der Grenzgräben bildet, welche vorzugsweise Portugal von Spanien scheiden. Obwohl ein Vorkommen von Olivenhainen im Tale des Sil, oberhalb Valdeorras, aber noch innerhalb der Provinz Leon und als einzige derselben, gut bezeugt ist1), wage ich es doch nicht, dieses anscheinend völlig abgelegenen, inselhaften Vorkommens wegen die Polargrenze soweit nach Nordosten ausgreifen zu lassen. Vielleicht haben wir in demselben einen Rest früherer weiter verbreiteter und unter günstigen örtlichen Verhältnissen erhaltener Olivenzucht zu sehen, wie es ja bezeugt ist2), daß im 18. Jahrhundert in der Provinz Zamora der Versuch gemacht wurde, den Ölbaum im Guarenatale, südlich von Toro, in etwa 700 m Meereshöhe einzubürgern, daß davon aber heute nur noch einzelne Bäume übrig sind. Es wäre möglich, daß hier an der Polargrenze in längeren Abständen auftretende besonders niedrige Wintertemperaturen oder Frühlingsfröste die Pflanzungen zerstört haben, oder daß dieselben, weil wenig ertragreich, allmählich der Vernachlässigung erlegen sind. Wir ziehen daher die Polargrenze von jenem Punkte in südsüdöstlicher und südlicher Richtung, Salamanca ausschließend, über Banos de Bejar, wo M. Willkomm Vorkommen von Olivenhainen noch in der Provinz Salamanca bezeugt, und nördlich von Plasencia am Südfuße der Sierra de Gredos entlang, in deren geschützten südlichen Tälern Apfelsinen gedeihen, Dattelpalmen und Agaven vorkommen, und im Tietartale der Ölbaum bis 900 m emporsteigt. Es liegt also der westlichste Teil des Kastilischen Scheidegebirges, sicher die Serra da Estrella, innerhalb des Verbreitungsgebiets des Ölbaums, wie in der Tat schon in den südöstlichen Tälern der Sierra de Francia, in den Landschaften Las Batuecas und Jurdes bis 800 m empor allenthalben Olivenzucht getrieben wird.

1) Pablo Riera y Sana, Espana y aus Colonias, S. 239.
2) Th. Fischer, Länderkunde von Südeuropa, S. 671.
3) Ebenda, S. 669.
4) Das kleine Kärtchen in der Länderkunde von Südeuropa, S. 670, erfährt somit eine kleine Berichtigung.

aus "Der Ölbaum" von Theobald Fischer, 1904