8. Olivenarten.

Nach den Früchten vorzugsweise unterscheidet man zahlreiche Arten. Im allgemeinen wird die Zahl der Arten nach Süden hin immer größer. Die einen dienen nur als Speiseoliven, sei es eingesalzen, sei es getrocknet, die andern nur zur Ölgewinnung. Am Gardasee kommen noch 9 verschiedene Arten vor, in Tunesien 204). Doch sind diese Varietäten meist schwer zu unterscheiden und in den verschiedenen Ländern miteinander zu vergleichen, so daß die Ansichten der Landwirte und der Botaniker sehr auseinandergehen. Nach Coutance5) schwankt man in Südfrankreich zwischen 5 und 39 6) in Italien 3 und 60. In Sizilien unterscheidet man meist 15 Arten, in Tunesien nach Bourde im Grunde auch nur 3 Arten: die mellahi genannte, große Tafelfrüchte, rund, so groß wie eine Aprikose, noch nicht völlig reif gepflückt zum Einsalzen, und die nab genannte, ovale Früchte, etwas kleiner, und die dritte Art der gewöhnlichen, bei weitem überwiegenden Öloliven, die chemlali. Um Tafeloliven zu erzielen, pfropft man mellahi oder nab auf chemlali. In den großen Olivenhainen, welche die Talauen des Tajo und Tajufia in Neukastilien bedecken, zieht man besonders die Varietäten Manzanilla, Cornicabra, Azucefia, Verdecillo, Negral und Gordal. Am meisten Früchte und Öl gibt Azucena, die daher in der Alcarria fast allein gezogen wird. Um recht viele Varietäten herauszubringen, ist man auf alle möglichen Spitzfindigkeiten, Gewicht des Fleisches und des Kernes u. dgl., verfallen. Immerhin ist man durch derartige Untersuchungen dazu gelangt, die ölhaltigsten Formen herauszufinden, indem man festgestellt hat, daß Oliven, deren Fleisch nicht das dreifache Gewicht des Kernes hat, wenig Öl geben7). Um die in den verschiedenen Ländern verschieden benannten Varietäten identifizieren zu können, bedürfte es einer Baumschule, die alle Varietäten nebeneinander enthält. Jedenfalls verhalten sich die verschiedenen Varietäten nach ihren Ansprüchen an Boden und Klima sehr verschieden. Es ist daher viel schwieriger, verschiedene Olivensorten zu ziehen, als etwa bei uns Äpfel, von denen eine Sorte an der einen Stelle vorzügliche, an einer andern gar keine Früchte trägt.

1) K. Neumann und J. Partsch, Phys. Geogr. von Griechenland, S. 415.
2) J. Partsch, Die Insel Korfu. Erg.-Heft Nr. 88 zu Pet. Mitt., Gotha 1887, S. 89.
3) Cuinet, La Turquie d'Asie, Paris 1890/95, II, 502.
4) Die Namen derselben werden bei Tunesien gegeben werden.
5) L'Olivier, S. 79.
6) Von den wichtigsten in Südfrankreich gezogenen Spielarten finden sich genaue Beschreibungen und sehr schöne Abbildungen von Zweigen mit reifen Früchten bei L. Degrully und P. Viola, L'Olivier: Ann. de l'Ecole Nat. d'Agriculture de Montpellier 1886, S. 305, Taf. 16—19.
7) Coutance, S. 80.

aus "Der Ölbaum" von Theobald Fischer, 1904