11. Ölgewinnung

Zur Ölgewinnung verwendet man allgemein kleinfrüchtige Oliven. Die Ölbereitung ist in den Mittelmeerländern vielfach die wichtigste, ja die einzige Gewerbtätigkeit. Das beste Speiseöl wird bei den jetzigen vervollkommneten Verfahren in Fabriken mit Dampfbetrieb aus bei beginnender Reife gepflückten, auf Horden zum Trocknen ausgebreiteten, ja wohl auch künstlich bis zum Runzeligwerden getrockneten Oliven, unter Ausscheidung aller irgendwie schadhaften, durch mäßiges Pressen erlangt. Solche noch nicht völlig reife Oliven geben zwar weniger, aber feineres Öl. Um solches zu erzielen, darf man die Früchte auf keinen Fall lange am Baume lassen. Ein zweites etwas stärkeres, aber die Zermalmung der Kerne vermeidendes Pressen des Olivenbreis gibt auch noch gutes Speiseöl, ein drittes noch stärkeres Pressen Maschinenöl oder Öl zum Brennen, zur Seifenbereitung u. dgl. Dann werden die Trester noch einmal mit kochendem Wasser angerührt und nochmals ausgepreßt, ja schließlich auf chemischem Wege die letzten Reste von Öl, die der Brei noch enthält, ausgezogen1). Die Klärung des Speiseöls erfolgt, indem man es in dunkeln, kühlen Räumen durch mit Watte gefüllte Zinkkasten durch drei übereinander stehende Bottiche aus einem in den andern fließen läßt. Aus dem dritten Bottich leitet man es in Zisternen, die in Nizza mit Porzellanplatten ausgelegt sind, und in denen man es drei Monate stehen läßt, bis es zum Versand abgezogen wird. Sonst bewahrt man es wohl auch in Krügen auf, die von Zeit zu Zeit umgefüllt werden, um das Öl von dem sich bildenden Bodensatze zu befreien. Was bei der letzten Pressung noch übrigbleibt, wird als Dünger oder Brennstoff verwertet. Gewöhnlich läßt man die Oliven eine Woche liegen, im Winter, wenn es kalt ist, ohne Schaden auch zwei, ja drei Wochen. Läßt man sie länger liegen, so beginnen sie zu gären. Das Öl wird dann zwar leichter gewonnen, aber es klärt sich schwer, hat scharfen Geschmack und neigt dazu, ranzig zu werden.

aus "Der Ölbaum" von Theobald Fischer, 1904