6. Krankheiten des Ölbaums.

Auch der Ölbaum hat, wie jedes alte Kulturgewächs, seine Feinde. Abgesehen von den klimatischen Einflüssen, wie große Hitze und Trockenheit im Sommer, heiße und feuchte Winde im Oktober, sind es vor allem Insekten, welche, sei es die Früchte, sei es den Baum selbst schädigen. So in erster Linie Dacus oleae, italien. Mucha dell' Ulivo oder Mosca olearia, franz. Mouche, die Olivenfliege, deren Larve sich vom Fruchtfleisch der Oliven nährt und sie abfallen macht Es scheint, daß sich dieselbe seit der Vernichtung der kleinen Vögel, der ja alle Mittelmeervölker so eifrig obgelegen haben oder noch obliegen, soweit sie nicht vollkommen durchgeführt ist, ungeheuer vermehrt hat. Namentlich in Südfrankreich und Ligurien richten infolgedessen Insekten großen Schaden an und geht, da man noch kein erfolgreiches Gegenmittel trotz Ausschreibung hoher Geldpreise bis zu 50000 Francs, in Italien seitens eines 1898 eingesetzten Ausschusses, gefunden hat, der Ertrag beständig zurück; ja in manchen Gegenden tritt die Olivenfliege so massenhaft auf, daß überhaupt nichts mehr zu ernten übrigbleibt. Namentlich begünstigen milde Winter die Vermehrung derselben. Der Winter 1900/1901, der im größten Teil von Apulien Schnee brachte, hatte das Gute, daß überall, wo der Schnee liegen blieb, die Olivenfliege vernichtet wurde, die in den letzten 5 Jahren die Früchte so beschädigt hatte, daß die daraus gepreßten Bari-Öle geradezu in schlechten Ruf gekommen waren. Infolgedessen gewann man 1901 wieder gutes Öl1). Von Noicattaro bis Monopoli, wo der Schnee nicht liegen geblieben war, trat sie um so verheerender auf; was an Früchten noch übrigblieb, war wurmstichig. Noch 1900 war eine überaus reiche Ernte in ganz Apulien kurz vor der vollen Reife und trotz überstürzter vorzeitiger Ernte, die zu retten suchte, was zu retten war, durch die plötzlich massenhaft auftretende Olivenfliege vernichtet worden. Auch in Dalmatien geht seit Jahren die Olivenernte, die nächst dem Weinbau dort wirtschaftlich am meisten ins Gewicht fällt, meist durch die Olivenfliege zugrunde. In Spanien ergab 1899 die Ernte, die die beste seit 1883 zu werden versprach, infolge plötzlichen, massenhaften Auftretens der Ölfliege doch nur sehr minderwertiges Öl. Es muß aber gefragt werden, ob nicht die Erschöpfung des Bodens auch mit zu dieser riesigen Vermehrung der Schädlinge beiträgt.

1) Deutsches Handelsrchiv 1902, 2, S. 892.

aus "Der Ölbaum" von Theobald Fischer, 1904