5. Die Kultur des Ölbaums.

Die Vorbereitung des Bodens zur Aufnahme junger Ölbäume ist meist, wie überhaupt die Pflege des Baumes, der vielfach ähnlich der Edelkastanie nur in Halbkultur gehalten wird, eine ganz ungenügende. Bei hoher Kultur wird der Boden gründlich umgearbeitet und die Löcher lange voraus ausgehoben, damit der Regen eindringen kann, 60—75 cm tief, bei 50 cm Seite. In dem Felsboden Apuliens, der ungeheuere Haine herrlicher Ölbäume trägt, muß man meist die Löcher aushauen und mit guter Erde füllen. Die Fortpflanzung und die Anlegung von Olivenpflanzungen erfolgt in verschiedener Weise, selbstverständlich stets im Winter oder im Herbst nach Eintritt der Regen, oder im Frühling, wenn der Boden durchfeuchtet ist. Zu Columellas Zeit zog man Frühlingspflanzung vor, also in Mittelitalien, während er anfuhrt, daß der karthagische landwirtschaftliche Schriftsteller Mago, also wohl für Nordafrika, Herbstpflanzung empfahl, beides mit Rücksicht auf andere Verteilung der Niederschläge wohl begründet. Der junge Ölbaum bedarf mehrere Jahre besonderer Pflege durch Bewässern, Behacken u. dgl. Das anscheinend zunächst* liegende Verfahren, junge Bäume aus Kernen zu ziehen, wird verhältnismäßig selten geübt, neuerdings aber viel empfohlen, da man dadurch kräftigere und widerstandsfähigere Bäume erzielt. Das langsame zwei Jahre erfordernde Keimen der von harter Schale umschlossenen Kerne wird durch Zerbrechen derselben vermieden. Auch kann man den Kern schon in einem Jahre zum Keimen bringen, wenn man ihn drei Tage in einer alkalischen Lösung liegen läßt, ehe man ihn in die Erde legt. Allerdings müssen die so gezogenen Bäume, gepfropft werden. Die Araber haben in dieser Weise in Spanien Olivenhaine angelegt. Ein zweites Verfahren besteht im Pflanzen der zahlreichen bis Gänseeigröße erreichenden Knoten (ovoli im Italien.), die in großer Zahl an den unterirdischen Wurzeln sitzen, junge Triebe enthalten und mit scharfen Messern abgelöst werden. Auch legt man Zweigstücke, selbst gespaltene Stammstücke älterer Bäume, mit etwas Rinde, 20—25 cm lang, 10 cm dick, in gut vorbereiteten Boden, deren in den Blattachseln sitzende Augen dann austreiben. Auch erzielt man Pflänzlinge, indem man junge Äste herabbiegt und zum Teil mit Erde bedeckt, so daß sie Wurzeln treiben. Am häufigsten pflanzt man schon ziemlich herangewachsene Wurzelschößlinge, die ja immer in Menge vorhanden sind und am raschesten Ertrag bringen. Man wählt dabei die der besten Bäume aus. Es empfiehlt sich, die Pflänzlinge erst in Baumschulen großzuziehen, etwa bis sieben Jahre; doch geschieht dies in Italien selten. Alle Pflänzlinge müssen veredelt werden, meist durch Pfropfen. Bei Neuanlegung einer Olivenpflanzung pflanzt man überall, selbst in Marokko, in schnurgeraden Reihen, die einzelnen Bäumchen in einem Abstande von etwa 5 m voneinander, je nachdem man die Bäume hoch oder niedrig ziehen will, oder ob in gemischter Kultur unter den Oliven etwa Sumach, wie häufig in Sizilien, oder selbst noch Gerste oder Reben gezogen werden sollen. Dann rückt man die Bäume bis zu 13 m auseinander. Unter allen Umständen muß in einem gut gehaltenen Olivenhaine, auch wenn die Bäume alt sind, Luft, Licht und Sonne Zutritt haben. Schon Solon1) bestimmte , daß man die Bäume 9 Fuß voneinander pflanze. Bei alten Olivenhainen, namentlich wenn dieselben in ungünstigen Zeiten nicht genügend gepflegt worden sind, Schößlinge hinzugekommen, einzelne Bäume ausgegangen sind, verwischt sich natürlich die ursprüngliche Ordnung, so daß dieselben oft einem lichten Walde ähneln. Noch mehr ist dies der Fall, wenn man, wie in Algerien vielfach, Bestände von Oleastern durch Pfropfen in Olivenhaine verwandelt. M. Willkomm2) meint auch, daß der ungeheuere Olivenhain von Montoro in Niederandalusien nicht aus Pflanzung edler Ölbäume, sondern durch Veredlung wilder Ölbäume, die noch hier wahre Wälder gebildet haben müssen, hervorgegangen sei. Der landschaftliche Eindruck gewinnt natürlich durch diese Unregelmäßigkeit. In Marokko sah ich in der Nähe von Demnat, aber am Fuße des Atlas in etwa 800 m Höhe und durch einen Gebirgsfluß berieselt, in dem großen Olivenhaine von Uled Schalluf die Bäume 5 m voneinander in 32 m abständigen Doppelreiben gepflanzt. Indem diese durch Querreihen verbunden waren, entstanden große offene Vierecke von 32 X 40 m Erstreckung, die als Weide- oder Ackerland dienten. Das waren allerdings außer derjenigen eines englischen Schutzbefohlenen in Tameslocht auf der Hochebene südwestlich von Marrakesch und einer kleinen Pflanzung bei Uled-et-Teräf nahe der Einmündung des Tasaut in die Um-er-Rbia, die einzigen jungen Anlagen dieser Art, die ich in Marokko gesehen habe.

aus "Der Ölbaum" von Theobald Fischer, 1904